Nach dem Frühlingsanfang gestern wird heute der Trisomie-21-Tag gefeiert. Weil heute der 21. des dritten Monats ist. Weil die betroffenen Menschen das 21. Chromosom in ihrem Erbgut dreifach statt zweifach haben. Man nennt es auch Down Syndrom. Die kleine Extragabe muss einfach mal gefeiert werden. Weil betroffene Eltern keine Kondolenzschreiben deswegen gebrauchen können. Weil dieses "Missgeschick" kein Grund zu Trauer, sondern zu Dankbarkeit sein kann. Dankbarkeit für einen Menschen, der mehr Glück und Zufriedenheit leben wird als die allermeisten von uns. Mein Bruder hat so ein zusätzliches "Happy-Som" (Glückskörperchen).
Er ist (fast) immer gelassen, hat auch nach bald einem halben Jahrhundert auf dem Buckel immer ein Strahlen für alle Mitmenschen übrig (insbesondere für Polizisten, Feuerwehrmänner und Taxifahrer, die er gaaaaanz toll findet) , und gibt sich mit einigen wenigen Dingen mehr als zufrieden.
Rhythmische Volksmusik muss sein, gutes Essen (vor allem Nutella zum Frühstück und abends Hering in Tomatensoße) und möglichst oft Besuche bei seinen Eltern und Geschwistern (warum wohnen die bloß alle so verstreut...). Ach ja, mit ein paar Gaben für seine Kravattensammlung kann man ihn besonders glücklich machen.
In der ersten Zeit, in der er sich rasieren konnte, war er übereifrig und hat sich auch schon mal die Hälfte der Augenbrauen abgeraspelt. Er liebt sein abendliches Gläschen Ssssssekt (ohne Alkohol) in den Ferien, noch lieber trinkt er Culllla (Coca Cola), das ist sein absolutes Lieblingsgesöff. Und morgens müssen es zwei Tassen Kaffee sein, aber bitte mit viiiiel Milch, damit bringt er seinen niedrigen Blutdruck auf Trab (ziemlich anormal, oder, das alles schmeckt keinem von uns.... ;-)
Das ist eine neue Aufnahme, im Januar am Strand in Brasilien fotografiert. Ich habe bewusst die typischen Füße nicht abgeschnitten. Diese hatten zuvor ein paar Tropfen Wasser einer übermütigen Welle abbekommen. Das hat ihm sehr empört, sowas ärgert ihn geradezu. Mittlerweile funktioniert sein eines Auge nicht mehr so richtig, doch das hindert ihn nicht, stundenlang Bildbände, Atlanten und Fotoalben zu studieren. Er liebt es, wenn man seine Brille so richtig blitzblank putzt.
Die Fotografin Conny Wenk sagt es in ihrem Blog so wunderschön und treffend: "Wenn ich nur gewusst hätte, was ich heute weiß... wäre vieles genau andersrum gewesen. Als Juliana geboren wurde, war ich der unglücklichste Mensch auf Erden. Ich dachte, ich würde nie wieder glücklich werden. Keine Glückwünsche, keine bunten Luftballons, stattdessen bekamen wir Bücher wie 'Wortes des Trostes'.
Heute bin ich die glücklichste Person auf Erden WEGEN ihr. Sie ist das größte Geschenk! Sie wacht mit einem Lächeln auf, einem ansteckenden Lächeln. Sie hat aus mir einen besseren Menschen gemacht. Sie gibt so viel, jeden einzelnen Tag! Und ich nehme das an und möchte es weiter geben an jeden einzelnen Menschen, der es braucht. Ein großartiger Kreis."
Stellvertretend für all die süßen "Kleinen Buddhas", wie ich die fröhlichen T21-Kinder gerne nenne, die es da draußen gibt, wünsche ich meinen zwei kleinen Bloggerfreunden Gabriel in Österreich und Big Ben Benjamin in Deutschland alles Gute für ihren Lebensweg und:
Möge euer Lächeln alle anstecken, die noch keine Ahnung davon haben, welche positiven Seiten in eurer Extraportion Glücksgefühl steckt! Ich wünsche mir, dass das 21. Jahrhundert euer Jahrhundert wird!
Auf den Blogrolls der beiden findet ihr zahlreiche andere lesenswerte Blog-Adressen. Eine hübsche Bildergeschichte zum Thema kann man bei Monika runterladen, ich habe hier zum unglücklichen Wort 'Down' im Zusammenhang mit diesem Chromosomenkonfetti geschrieben. Foto: © Conny Wenk
Today we celebrate people with Down Syndrome. Because it is the 21st day of the 3rd month. because those cheerful humans carry a 3rd 21th chromosome instead of two. Like my brother who is nearly 50 years. The German photographer Conny Wenk describes it: "If I only would have known then what I do know now ....... things would have been just the other way round. When Juliana was born, I was the most miserable person on earth. I thought I would never ever be happy again. No congratulations, no colorful balloons, instead we got books like 'Words of comfort'.
Today, I am the happiest person on earth because of her! She is the greatest gift! Every day she wakes up with a smile, a contagious smile! She made me a better person. She gives so so much, every single day. And I take it and just wanna pass it on to others who might need it. A fantastic circle."
11 Kommentare:
Ich habe vor 25 Jahren einige Zeit in einer großen psychiatrischen Anstalt gearbeitet. Dort habe ich über 50 jährige Männer mit dem Down-Syndrom kennengelernt. Sie waren einfach von ihren Eltern "weg geschlossen" worden, dass war zu dieser Zeit leider oft noch so.
Aber selbst in dieser tristen Umgebung konnte man sich von ihrem oft hintergründigem Lächeln anstecken lassen; sie waren die Einzigen in diesem riesigen Klinikkomplex, die eine gewisse Fröhlichkeit und Natürlichkeit ausstrahlten. Was mich am meisten fasziniert hat, war die Tatsache, dass sie sehr genaue Unterschiede machten, wie sie mit den Pflegekräften umgingen. Ich hatte das Gefühl, ich wurde erst von allen gemustert und dann für gut befunden. Soll heißen, wir hatten eine ganz andere Ebene als sie z.B. mit dem Stationspfleger hatten.
Wenn man Connys Blog und die Bilder anschaut, sollte man eigentlich meinen, die Menschheit hat immer noch nicht begriffen, das "Andersartigkeit" völlig normal ist - ein echtes Armutszeugnis.
Gaby
Von wem dieser Spruch stammt, weiß ich leider nicht, aber ich finde ihn klasse:
"Die Natur macht keine Fehler, sie probiert aus!"
Also sollte man sich doch fragen, was eigentich NORMAL ist!
Liebe Eliana,
auch in unserem Bekanntenkreis gibt es einen sehr liebenswürdigen jungen Mann mit Down-Syndrom. Er lebt in Österreich, ist immer lustig und spielt unheimlich gerne Theater. Nichts wirkt gekünstelt, er spielt mit einer solchen Hingabe, das es eine Freude ist ihm zuzusehen. Ausserdem ist er Mitglied bei der Feuerwehr und nimmt seine Aufgaben sehr ernst. Seine Geduld ist bewundernswert, stundenlang sitzt er an einem Projekt, wie z. B. weben oder Wolle entwirren.
Mit Deinen Worten sprichst Du mir aus der Seele.
Heidi
Hallo Tante Eliane,
das hast du aber schön geschrieben. Ich hab mich sehr gefreut. Dein Bruder ist aber auch ein ganz netter Bursche. Bin gerade etwas krank, von dem her hatten meine Eltern keine Zeit etwas in meinen Blog zu schreiben, aber vielleicht überlegen sie sich noch was zum Down-Syndrom-Tag.
Es grüßt dein Benjamin
Ach Eliane,
Du hast ja so Recht! Ich selbst habe während meines klinischen Praktikums Kinder mit Down Syndrom erlebt - sie sind wirklich so, wie Du sie beschreibst.
Ich glaube auch, daß ich ein solches Kind lieben würde - sie machen es einem wirklich leicht. Das Problem ist nur: Was wird aus diesen Kindern, wenn die Eltern nicht mehr leben und wenn es keine Geschwister gibt? Das wäre meine ständige Angst, hätte ich ein solches Kind.
Übrigens gibt es ein ganz anrührendes Buch, das sich mit diesem Thema beschäftigt: Die Tochter des Fotografen von Kim Edwards. Sehr lesenswert!
Das hast du total schön geschrieben!
Das ich mit Kindern arbeite, war es auch mir wichtig - auch wegen meinem kleinen Freund Gabriel - auf diesem tag aufmerksam zu machen.
Connys Bilder liebe ich seit ich sie durch Nora kennen gelernt habe und die Geschichte von Monika ist so toll!
GLG
hallo tante eliane!
schau mal, was ich auf einem blog gefunden habe:
"Einen sehr schönen Glückwunsch an alle Kinder und Menschen mit Down-Syndrom habe ich bei Eliane Zimmermann gefunden, der Tante von Big Ben Benjamin.
Sie ist aber auch wirklich gesegnet, sie hat nicht nur einen Bruder, sondern nun auch einen Neffen mit Down-Syndrom. Wenn das kein Zufall ist... "
es ist schön, neben einem onkel auch eine tante zu haben... :-)
liebe grüße,
ben
Vielen Dank für diesen wunderschönen Beitrag. Ich werde ihn gleich verlinken!
Lieben Gruss
Gabriela
Vielen Dank für diesen wunderbaren Bericht. Eine Freundin von mir hat kurz vor Weihnachten auch ein T21-Baby bekommen. Ich wünsche Ihr, dass ihr kleiner Mann auch ein so wunderbarer Strahler wird, wie es Dein Bruder ist.... Danke nochmals
lg.M.
Hallo Eliane,
ich war im Jahr 1995/1996 Au-pair in Irland und habe diese Zeit über alle Maßen genossen. Ein Jahrzehnt später bin ich Mutter eines Kindes mit Down-Syndrom geworden. Die Zeit in Irland, die neue Erfahrung mit einem besonderen Kind (sind sie ja alle im Prinzip) zu leben, waren einschneidende Erlebnisse für mich. Sie haben mich ein gutes Stück weiter gebracht! Einfach schön zu lesen, was du über deinen Bruder schreibst. Ich hoffe sehr, dass Eddys Brüder, Bruno und Jurij, später einmal so positiv über ihn berichten werden! :) Liebe Grüße auf die grüne Insel. Gerne würde ich mal wieder dort sein. Julia (Lese übrigens im Moment das von dir vorgestellte Buch und habe auch den Vorgänger verschlungen!)
So lernt man immer wieder Neues.
Obwohl ich ebenfalls einen Bruder mit Trisomie habe, war mir dieser spezielle Gedenktag nicht bekannt.
Meine Eltern haben meinem Bruder alles ermöglicht, was auch wir Geschwister hatte, teilweise sogar mehr. Er hat lesen und schreiben in einer speziellen Schule gelernt, fährt Fahrrad, Inline-Skates und spielt Handball, ist im Chor und spielt Bongo in einer Band.
Und täglich geht er in einer beschützenden Werkstatt arbeiten und stellt die Besteckpakete für die Lufthansa zusammen. Sehr stolz macht er das und sehr präzise.
Und ich bin auch sehr stolz auf ihn.
Ciao
Michaela
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